Drei Fallstudien zur AI-Slopification im Alltag und Geschäftsleben
Anna arbeitet seit über zehn Jahren als freiberufliche Grafikdesignerin. Zu ihren Kundinnen und Kunden gehören kleine Unternehmen, die Wert auf individuelle Logos, sorgfältig ausgearbeitete Markenauftritte und persönliche Beratung legen. Mit dem Aufkommen leicht bedienbarer KI-Bildgeneratoren bemerkt sie jedoch einen drastischen Wandel in ihrer Branche.
Immer häufiger treten neue Kund:innen an sie heran, die bereits mehrere Dutzend KI-generierte Logo-Entwürfe „ausprobiert“ haben, jedoch unzufrieden sind. Die Entwürfe wirken austauschbar, wiederholen ähnliche Formen und Farben und passen nicht wirklich zur Identität der Firmen. Gleichzeitig sind viele Unternehmen aber nicht mehr bereit, für ein maßgeschneidertes Branding die bisher üblichen Honorare zu zahlen, weil sie sich an die vermeintliche „Kostenlosigkeit“ von KI-Tools gewöhnt haben.
Durch die Slopification des Marktes wird Annas Arbeit gleich in mehrfacher Hinsicht entwertet: Zum einen muss sie deutlich mehr Zeit investieren, um Kund:innen davon zu überzeugen, warum ein individuell entwickeltes Design langfristig mehr Wert stiftet. Zum anderen wird sie ständig mit Erwartungen konfrontiert, dass Ergebnisse „sofort“ und „in beliebig vielen Varianten“ vorliegen müssten – schließlich wirkt es so, als sei Gestaltung nur noch ein Knopfdruck.
Annas Auftragslage wird unberechenbarer, ihre Verhandlungsposition schwächer. Die AI-Slopification zeigt sich hier als Überangebot an scheinbar kreativen, tatsächlich aber generischen Bildlösungen, die die Wahrnehmung von Qualität verzerren und professionelle Dienstleistungen unter Druck setzen.
Mehmet betreibt einen spezialisierten Online-Shop für Ersatzteile von historischen Musikinstrumenten. Früher war seine Website in den Suchmaschinen gut sichtbar, weil er detaillierte Produktbeschreibungen schrieb, eigene Fotos anfertigte und in einem Blog regelmäßig Hintergrundwissen zu Restaurierung und Pflege teilte.
Mit der Verbreitung KI-gestützter Content-Tools tauchen plötzlich zahlreiche neue Shop-Seiten auf, die Textbausteine und automatisch generierte Ratgebertexte veröffentlichen. Viele dieser Seiten sind inhaltlich flach, enthalten Fehler und funktionieren vor allem als „SEO-Slop“: Sie sind darauf ausgelegt, mit großen Mengen an Schlüsselwörtern und standardisierten Texten die Suchergebnisse zu dominieren.
Für Mehmet hat das spürbare Folgen. Seine sorgfältig gepflegten Inhalte rutschen in den Suchergebnissen nach unten, während KI-optimierte Massenware Sichtbarkeit gewinnt. Kund:innen landen auf generischen Seiten, auf denen Produkte fehlen, schlechte Informationen gegeben werden oder schlichtweg versucht wird, sie auf andere Angebote umzuleiten. Einige kommen frustriert zu Mehmet zurück – andere findet er nie.
Die AI-Slopification des Suchumfeldes führt dazu, dass qualitativ hochwertige, spezialisierte Seiten in einem Meer aus automatisch generierten Inhalten untergehen. Mehmets Geschäftsmodell, das auf Expertise und Vertrauen basiert, wird indirekt geschwächt, weil die Informationslandschaft selbst „verschmutzt“ wurde.
Lara ist für das Recruiting in einem mittelständischen Unternehmen verantwortlich. Früher konnte sie anhand von Anschreiben, Lebensläufen und Arbeitsproben oft relativ schnell erkennen, ob sich Bewerber:innen intensiv mit der ausgeschriebenen Stelle beschäftigt hatten und wie sie sich schriftlich ausdrücken können.
Innerhalb weniger Monate verändert sich das Bewerbungsbild grundlegend: Immer mehr Anschreiben lesen sich erstaunlich glatt, benutzen ähnliche Floskeln und sind formal nahezu fehlerfrei – unabhängig vom Hintergrund der Bewerbenden. Auf Nachfrage geben viele offen zu, verschiedene KI-Tools genutzt zu haben, um die Unterlagen zu „optimieren“. Andere erwähnen es nicht, aber die stilistische Einheitlichkeit ist unverkennbar.
Für Lara bedeutet das einen massiven Mehraufwand. Die Unterlagen verlieren ihren Wert als authentische Informationsquelle. Sie muss zusätzliche Interviews und praktische Aufgaben einplanen, um herauszufinden, ob hinter den perfekten Texten tatsächlich die Fähigkeiten stehen, die behauptet werden. Gleichzeitig entsteht eine Ungleichheit: Menschen, die auf KI-Hilfen verzichten, wirken im Vergleich zu den polierten Standard-Texten plötzlich „schlechter“, obwohl sie vielleicht die passenderen Persönlichkeiten sind.
Die AI-Slopification greift hier tief in einen sensiblen Bereich ein: Die Bedeutung schriftlicher Kommunikation als Ausdruck von Motivation, Stil und Sorgfalt wird relativiert. Standardisierte KI-Texte erzeugen eine Scheinfassade von Professionalität, hinter der echte Unterschiede zwischen Bewerber:innen schwerer zu erkennen sind.
Three Case Studies on AI Slopification in Everyday and Business Life
Anna has been working as a freelance graphic designer for more than ten years. Her clients are mostly small businesses that value individual logos, carefully crafted brand identities and personal consultation. With the rise of user-friendly AI image generators she notices a drastic shift in her field.
More and more new clients approach her after having already generated dozens of logo drafts using AI tools. They are dissatisfied: the designs look interchangeable, recycle similar shapes and colours and do not really fit the companies’ identities. At the same time, many businesses have become reluctant to pay the usual fees for bespoke branding, because they have grown used to the apparent “low cost” of AI-based solutions.
Market slopification devalues Anna’s work in several ways. She has to spend significantly more time explaining why a genuinely tailored design offers long-term value. She also faces constant expectations that results should appear “immediately” and in “endless variations” – after all, design now seems to be just a matter of pressing a button.
Her project pipeline becomes less predictable and her negotiating position weaker. AI slopification manifests here as an oversupply of seemingly creative, yet in fact generic visual solutions that distort perceptions of quality and undermine professional services.
Mehmet runs a specialised online shop for spare parts of historical musical instruments. For years his website ranked well in search engines because he wrote detailed product descriptions, produced his own photos and published background articles on restoration and maintenance.
With the spread of AI-powered content tools, new shop pages suddenly appear that churn out templated product texts and auto-generated advice articles. Many of these pages are shallow, contain factual errors and essentially function as “SEO slop”: their main purpose is to dominate search results through large volumes of keyword-stuffed, standardised content.
The consequences for Mehmet are tangible. His carefully curated content slips down the rankings, while slop pages gain visibility. Potential customers land on generic sites that lack specific products, provide poor information or merely try to redirect them to other offers. Some disappointed users eventually find their way back to Mehmet – others never do.
AI slopification of the search environment causes high-quality, specialised sites to drown in a sea of auto-generated material. Mehmet’s business model, built on expertise and trust, is indirectly weakened because the informational ecosystem itself has been polluted.
Lara is responsible for recruitment in a mid-sized company. In the past she could often quickly tell from cover letters, CVs and writing samples whether applicants had put real thought into the position and how they expressed themselves in writing.
Within a few months the overall picture changes. An increasing share of applications sound surprisingly polished, use similar phrases and are almost error-free – regardless of the applicants’ backgrounds. When asked, many openly admit to having used various AI tools to “optimise” their documents. Others do not mention it, but the stylistic uniformity is obvious.
For Lara this means a significant increase in workload. Application documents lose their value as authentic sources of information. She has to schedule additional interviews and practical tasks to find out whether the glossy texts reflect actual skills. At the same time, inequalities arise: candidates who choose not to rely on AI tools suddenly look “worse” compared to the polished standard texts, even though they might be a better fit.
Here AI slopification erodes the function of written communication as an expression of motivation, style and care. Standardised AI-generated prose builds a façade of professionalism that makes it harder to see the real differences between applicants.